Chris Reinecke

Beck & Eggeling International Fine Art freut sich, das Werk von Chris Reinecke in der ersten umfassenden Einzelpräsentation der Künstlerin in Wien vorzustellen.

Trotz über fünf Jahrzehnten künstlerischen Schaffens ist Chris Reinecke einem breiteren Publikum noch immer weitgehend unbekannt und ihr Werk in großen Teilen von institutioneller Seite bisher kaum beachtet. Dabei muss man dieses Werk, insbesondere die performativen, partizipatorisch angelegten Arbeiten und Aktionen der 1960er Jahre, zu den interessantesten und relevantesten Positionen der deutschen Nachkriegskunst zählen.

Chris Reineckes Arbeit ist in den 1960er Jahren gekennzeichnet von einem partizipatorischen Prinzip. Sie schafft Ausgangssituationen für offene Prozesse, die dem Publikum die Möglichkeiten des eigenen Handelns bewusst machen, die Menschen für die sie umgebenden Verhältnisse sensibilisieren sollen und damit auch eine Aufhebung in der Hierarchie von Künstler*in und Publikum herbeiführen. Wegweisende Akzente setzt ihre Arbeit im Ausloten des Verhältnisses des Einzelnen im soziopolitischen Gefüge, in der Beleuchtung von Arbeitsbedingungen und Arbeitsprozessen und der Hinterfragung tradierter Geschlechterrollen. 1968 initiiert sie in Düsseldorf mit ihrem damaligen Ehemann Jörg Immedorff das LIDL-Projekt, ein loser Zusammenschluss von Künstler*innen, der durch seine politischen Kunstaktionen auf sich Aufmerksam macht.

Das LIDL-Projekt ist bald von zunehmender politischer Radikalisierung gekennzeichnet, Reinecke und Immendorff entfernen sich künstlerisch und privat immer mehr voneinander, die Gruppe bricht auseinander. Reinecke zieht sich vom Kunstbetrieb zurück und engagiert sich zunächst in sozialen Projekten wie der 'Mietersolidarität' in Düsseldorf konkret politisch. Mitte der 1970er setzt die Kontinuität im künstlerischen Schaffen wieder ein und Reinecke wendet sich zunächst der Malerei zu. Noch immer steht die präzise Beobachtung der sie umgebenden Welt im Mittelpunkt ihres Werks, doch gewinnen neben politischen und sozialen Fragen auch natur- undkulturwissenschaftliche Be...

Chris Reineckes Arbeit ist in den 1960er Jahren gekennzeichnet von einem partizipatorischen Prinzip. Sie schafft Ausgangssituationen für offene Prozesse, die dem Publikum die Möglichkeiten des eigenen Handelns bewusst machen, die Menschen für die sie umgebenden Verhältnisse sensibilisieren sollen und damit auch eine Aufhebung in der Hierarchie von Künstler*in und Publikum herbeiführen. Wegweisende Akzente setzt ihre Arbeit im Ausloten des Verhältnisses des Einzelnen im soziopolitischen Gefüge, in der Beleuchtung von Arbeitsbedingungen und Arbeitsprozessen und der Hinterfragung tradierter Geschlechterrollen. 1968 initiiert sie in Düsseldorf mit ihrem damaligen Ehemann Jörg Immedorff das LIDL-Projekt, ein loser Zusammenschluss von Künstler*innen, der durch seine politischen Kunstaktionen auf sich Aufmerksam macht.

Das LIDL-Projekt ist bald von zunehmender politischer Radikalisierung gekennzeichnet, Reinecke und Immendorff entfernen sich künstlerisch und privat immer mehr voneinander, die Gruppe bricht auseinander. Reinecke zieht sich vom Kunstbetrieb zurück und engagiert sich zunächst in sozialen Projekten wie der 'Mietersolidarität' in Düsseldorf konkret politisch. Mitte der 1970er setzt die Kontinuität im künstlerischen Schaffen wieder ein und Reinecke wendet sich zunächst der Malerei zu. Noch immer steht die präzise Beobachtung der sie umgebenden Welt im Mittelpunkt ihres Werks, doch gewinnen neben politischen und sozialen Fragen auch natur- und kulturwissenschaftliche Betrachtungen an Bedeutung. In der klassischen Rolle als Malerin werden ihre Werke nun persönlicher und intimer.

Zu Beginn der 90er Jahre weitet sich ihr Repertoire auch auf skulpturale, installative Objekte aus. In ihrer Malerei integriert Reinecke zunehmend einen collagierenden Arbeitsstil, in dem sie Zeitungsausschnitte, Fotografien, sowie eigene Notizen und Skizzen verarbeitet. Schließlich wendet sie sich ganz vom Tafelbild als formal wie inhaltlich begrenzendes Format ab. Die nun entstehenden, teils großformatigen Papiercollagen, die bis heute ihr Werk bestimmen, verbinden malerische und konzeptuelle Ansätze. Sie entstehen in langen Prozessen, manchmal über Jahre hinweg, setzen sich aus Teilen verschiedener zeitlicher und inhaltlicher Kontexte immer wieder neu zusammen, werden geschichtet, wachsen in alle Richtungen. Diese Offenheit in Form und Inhalt, der Verzicht auf stringente Narrative zu Gunsten freier, assoziativer Momente fordern die Betrachter*innen noch immer heraus, den eigenen Standpunkt zu formulieren.

Die Werke der 60er Jahre bilden einen Schwerpunkt der Ausstellung. Im Kontext des diesjährigen 'goldenen Jubiläums' der 68er zeigen sich neben den Arbeiten und Aktionsrelikten vor allem auch die Fotos und manifestartigen Texten von Chris Reinecke als einzigartige Zeitdokumente zum damaligen künstlerischen Diskurses in Deutschland, der eben unbedingt auch ein politischer war. Mit Wien als Ausstellungsort eröffnet die Schau den Besuchern die anregende Möglichkeit einer vergleichenden Betrachtung in Hinblick auf die sich damals in Österreich etablierenden künstlerischen Positionen wie Valie Export oder dem Wiener Aktionismus.

Mit den Werkgruppen der späteren Schaffensjahre versammelt die Ausstellung zudem eine Vielzahl selten oder noch nie gezeigter Arbeiten und lenkt den Blick auf Reineckes außergewöhnliche künstlerische Biographie in ihrer Gesamtheit. Eine Biographie, die nicht ungebrochen ist, sondern auch vom Scheitern und Umdenken, vom Neufinden und Befreien erzählt. Dabei wird deutlich, dass sich die Relevanz ihres Oeuvres über den historischen Aspekt hinaus bis zur jüngsten Produktion noch immer behaupten kann.

Chris Reinecke hat ihre Haltung nie zur Pose werden lassen. Bis heute hat sie sich ein gesundes Misstrauen gegenüber institutionalisierten Systemen bewahrt, dazu gehören neben den gesellschaftlich-politischen auch die des Kunstbetriebs. Mit Konsequenz hat sie ihr Werk fremden Erwartungen, Vereinnahmungen und Ansprüchen entzogen und weiterentwickelt. In der kompromißlosen künstlerischen Freiheit, die sie sich heute geschaffen hat, besitzt ihr Werk noch immer eine radikale Dimension.

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Chris Reinecke wird 1936 in Potsdam geboren. Nach einer Station in Kassel landet die Familie nach dem Krieg schließlich in Düsseldorf. 1959 geht sie nach Paris und beginnt am École des Beaux-Arts ein Studium, das sie von 1961-65 an der Kunstakademie Düsseldorf bei Karl Otto Götz und Gerhard Hoehme fortsetzt. Mit Aktionen und Ausstellungen tritt sie anschließend vornehmlich im Rheinland in Erscheinung. Ab 1968 ist sie mit Jörg Immendorff und anderen Teil des LIDL-Kollektivs, das auch international (Kopenhagen, Antwerpen) Beachtung findet. Nach einem Rückzug aus dem Kunstbetrieb in den 1970er Jahren folgen ab den 1980er Jahren wieder Einzel und Gruppenausstellungen in Deutschland und Beteiligungen an Gruppenausstellungen u.a. in Schweden und Japan. Im April 2018 nimmt Chris Reinecke an der Ausstellung 'Flashes of the Future – Die Kunst der 68er oder Die Macht der Ohnmächtigen' im Ludwig Forum für internationale Kunst, Aachen, Teil.

Werke der Künstlerin finden sich u.a. in der Sammlung der Deutschen Bank, der Stiftung Museum Kunstpalast in Düsseldorf, des Museums Ostwall im Dortmunder U. 2017 konnte der Ankauf einer zentralen Arbeit des 'Wende-Zyklus' der Künstlerin aus dem Jahr 1989 durch das Städtische Museum Abteiberg, Mönchengladbach, realisiert werden.

Chris Reinecke lebt und arbeitet in Düsseldorf.

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