Chris Reinecke: Region nach oben geöffnet

Soziale und politische Bedingungen zu hinterfragen und zu durchdringen, die Möglichkeit und Notwendigkeit ihrer Veränderung aufzuzeigen, ist seit den 1960er-Jahren eine Konstante im Werk von Chris Reinecke. Mit der künstlerischen Kooperative LIDL, deren Mitbegründerin sie war, war sie maßgeblich an der Etablierung eines neuen Kunstbegriffs in der Nachkriegs-BRD beteiligt.
Ihre partizipatorisch angelegten Aktionen, die die LIDL-Zeit bestimmten, sollten den Teilnehmenden das Potenzial des eigenen Handelns erkenn- und erfahrbar machen: Kunst als gesellschaftliches und politisches Experiment. Mit der „Mietersolidarität“, die sich Anfang der 1970er aus LIDL bildete, sich gegen Mietwucher, Wohnungsmangel und Spekulation engagierte und Mieter*innen Hilfe und Beratung bei Problemen bot, lösten sich die Grenzen zwischen Kunst und Aktivismus auf.

Arbeiten aus dieser Zeit sind momentan in der von Kolja Reichert kuratierten Ausstellung „Grund und Boden. Wie wir miteinander leben“ im K21 in Düsseldorf zu sehen.
Wir nehmen dies zum Anlass, eine Auswahl von Chris Reineckes Arbeiten in unserem Showroom zu zeigen.

Arbeiten aus den 1960er- und frühen 70er-Jahren zeigen Reineckes Entwicklung: ausgehend von der eigenen Person, die sie im Raum verortet und diesen dabei gleichsam aus der eigenen Perspektive heraus vermisst; über die Beschäftigung mit dem menschlichen Körper und dessen Umformung in sozioökonomisches Kapital, die in den 60er-Jahren begann; hin zurBeobachtung der gesellscha...

Soziale und politische Bedingungen zu hinterfragen und zu durchdringen, die Möglichkeit und Notwendigkeit ihrer Veränderung aufzuzeigen, ist seit den 1960er-Jahren eine Konstante im Werk von Chris Reinecke. Mit der künstlerischen Kooperative LIDL, deren Mitbegründerin sie war, war sie maßgeblich an der Etablierung eines neuen Kunstbegriffs in der Nachkriegs-BRD beteiligt.
Ihre partizipatorisch angelegten Aktionen, die die LIDL-Zeit bestimmten, sollten den Teilnehmenden das Potenzial des eigenen Handelns erkenn- und erfahrbar machen: Kunst als gesellschaftliches und politisches Experiment. Mit der „Mietersolidarität“, die sich Anfang der 1970er aus LIDL bildete, sich gegen Mietwucher, Wohnungsmangel und Spekulation engagierte und Mieter*innen Hilfe und Beratung bei Problemen bot, lösten sich die Grenzen zwischen Kunst und Aktivismus auf.

Arbeiten aus dieser Zeit sind momentan in der von Kolja Reichert kuratierten Ausstellung „Grund und Boden. Wie wir miteinander leben“ im K21 in Düsseldorf zu sehen.
Wir nehmen dies zum Anlass, eine Auswahl von Chris Reineckes Arbeiten in unserem Showroom zu zeigen.

Arbeiten aus den 1960er- und frühen 70er-Jahren zeigen Reineckes Entwicklung: ausgehend von der eigenen Person, die sie im Raum verortet und diesen dabei gleichsam aus der eigenen Perspektive heraus vermisst; über die Beschäftigung mit dem menschlichen Körper und dessen Umformung in sozioökonomisches Kapital, die in den 60er-Jahren begann; hin zur Beobachtung der gesellschaftlichen und politischen Umstände, die sie für die Menschen als veränderlich erkennbar machen wollte.Als das LIDL-Kollektiv schließlich an künstlerischen und persönlichen Differenzen zerbrach, positionierte Chris Reinecke sich neu. Die Idee von Partizipation als künstlerischem Mittel, das zudem demokratische Prozesse anstoßen könnte, war für sie gescheitert.

Sie entwickelte in den folgenden Jahrzehnten eine malerische Position, mit der sie die tradierte Form der Malerei radikal zu einem eigenständigen Standpunkt umgestaltete: weg vom Format des Tafelbilds, von der Leinwand hin zum Papier als wirklich offenem und formbarem Bildträger.

Politische und gesellschaftliche Fragen ziehen sich noch immer als roter Faden durch ihr Werk. Allerdings hat Chris Reinecke nunmehr die Position der Beobachterin eingenommen. In Arbeiten aus den frühen 1990er-Jahren nimmt sie Bezug auf die deutsche Wiedervereinigung und den Zerfall des Kommunismus. In diesen Arbeiten nutzt sie Ausschnitte aus Zeitungen (ihre bevorzugte Informationsquelle) und verbindet diese mit malerischen Elementen. Chris Reinecke ist keine Historikerin; die Werke sind eher Momentaufnahmen, subjektive Einordnungsversuche einer ereignisreichen und unübersichtlichen Zeit. Schon damals konnten diese Arbeiten nicht als euphorisch gelesen werden. Von heute aus wirken sie fast wie düstere Vorahnungen einer durch hegemoniale Verwerfungen aus den Fugen geratenen Welt. Das jüngste Werk der Ausstellung, „Gewölbe für alle. Unter der Kuppel“ aus den Jahren 2016/17, entstand unter dem Eindruck der ersten Amtseinführung von Donald Trump. Die teilweise collagierte Arbeit zeigt das Kapitol in Washington, mit Tuschepinsel flüchtig umrissen, vor einem schroff schraffierten Grund, ein paar Striche Aquarell, rot und gelb. Hat jemand den Brand schon gelegt? Ein fast hellsichtiges Menetekel.

Chris Reineckes Arbeiten sagen uns auch nach Jahrzehnten noch mehr, als nur aus ihrer Zeit zu berichten. Ihre ungebrochene Aktualität und Brisanz sind oft erstaunlich. Sie hat ihrem Werk immer eine große Offenheit bewahrt: im Zugriff auf Material und Form, im Gestus, im Zugang zu ihren Themen und im Denken. Region nach oben geöffnet!

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